Die Dimensionen des vom Schienenverkehr verursachten Lärmproblems
Erstellt am: 27.06.2003 | Stand des Wissens: 05.12.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Die Anzahl der durch Schienenverkehrslärm Betroffenen divergiert je nach Quelle ausgesprochen stark. Große Lärmprobleme verursacht jedoch vor allem der nächtliche Schienengüterverkehr. Während man im Grünbuch der Europäischen Kommission 1996 davon ausging, dass durchschnittlich jeweils 2 bis 4 Prozent der in der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und in England lebenden Einwohner durch Schienenverkehrslärm belästigt werden, fühlte sich 2020 laut einer Umfrage des Umweltbundesamtes (UBA), die im Rahmen der Erstellung des Berichtes zum Umweltbewusstsein in Deutschland durchgeführt wurde, rund ein Drittel der Befragten durch Schienenlärm belästigt oder gestört.
Als Hauptverursacher des Schienenverkehrslärms wird vielfach der Schienengüterverkehr identifiziert. Zum einen, weil Güterwagen im Vergleich zum Wagenmaterial des Personenverkehrs heutzutage immer noch sehr laute Fahrzeuge sind, die Emissionspegel von um die 100 Dezibel(A) erreichen [Gess07, S. 24]. Zum anderen findet der Güterverkehr auf der Schiene hauptsächlich nachts statt, wenn der Lärm als besonders störend empfunden wird und die Immissionsgrenzwerte gemäß der Lärmschutzverordnung um 10 Dezibel(A) unter denen des Tages liegen. Zudem liegen die Passierzeiten von Güterzügen am betrachteten Immissionsort deutlich über den von Reisezügen [DBAG01a, S. 136 ff.]. Im Vergleich zu den anderen externen Kosten des Verkehrs stellt der Lärm das größte Problem des europäischen Schienenverkehrs dar (INFR19a, S. 28).
Im Rahmen des "Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm" gemäß §§ 47a ff. Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) werden Lärmkarten angefertigt. Ziel dieses Gesetzes ist es, den Umgebungslärm zu lokalisieren und seine gesundheitsschädigenden Auswirkungen zu begrenzen bzw. zu vermeiden. Dafür wird der Lärm durch Berechnungen simuliert und über den Tag verteilt in 5 Dezibel(A)-Abstufungen dargestellt (Abbildung 1). Der Vorgang ist alle fünf Jahre zu wiederholen. [BImSchG § 47c Abs. 4]

Die Lärmkartierung ist in zwei Stufen gegliedert. Die erste Stufe umfasst Eisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von mehr als 60.000 Zügen pro Jahr sowie Ballungsräume mit über 250.000 Einwohnern. Die Ergebnisse der Kartierung für Schienenfahrwege (ersten Stufe) können auf der Internetpräsenz des Eisenbahn-Bundesamts (EBA) in einer interaktiven Kartenapplikation eingesehen werden. In der zweiten Stufe, die sich größtenteils noch in Bearbeitung befindet, werden Eisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von über 30.000 Zügen pro Jahr betrachtet sowie Ballungsräume mit über 100.000 Einwohnern [BImSchG § 47c Abs. 1]. Die Lärmkarten bilden unter anderem die Grundlage für die Aktionspläne der Kommunen zur Minderung und Vorbeugung von Lärm [BImSchG § 47d Abs. 1].