Luftverkehrsteuer in Deutschland
Erstellt am: 06.02.2018 | Stand des Wissens: 04.11.2024
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Die Luftverkehrsteuer wurde mit dem Luftverkehrsteuergesetz (LuftVStG) vom 9. Dezember 2010 zum 1. Januar 2011 eingeführt [DeBu12b]. Die Steuerpflicht für die Fluggesellschaften entsteht mit dem Abflug eines Fluggastes von einem deutschen Flughafen. Grundlage für den Steuertarif ist die Entfernung zwischen dem größten deutschen Verkehrsflughafen (Frankfurt am Main) und dem größten Verkehrsflughafen des jeweiligen Ziellandes. Der von den Fluggesellschaften zu entrichtende Steuerbetrag beträgt seit dem Jahr 2022:
- 12,77 Euro (Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), EU-Beitrittskandidaten, Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) und in diesem Entfernungskreis liegende Drittstaaten bis zu einer Entfernung von 2.500 Kilometern),
- 32,35 Euro (Länder, die nicht in die vorgenannte Distanzklasse fallen, bis zu einer Entfernung von 6.000 Kilometern),
- 58,23 Euro (Länder mit einer Entfernung über 6.000 Kilometer) [BMF22].
Ursprünglich waren höhere Beträge vorgesehen, doch mit der Einbeziehung des Luftverkehrs in das Emissionshandelssystem der Europäischen Union wurden die Steuerbeträge leicht abgesenkt [DeBu12b]. Das Steueraufkommen betrug im Jahr 2015 gut eine Milliarde Euro und erreichte damit die ursprüngliche Zielsetzung [DeBu12b]. Im Jahr 2023 erreichten die Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer rund 1,5 Milliarden Euro [StBA24].

Ein wichtiges Motiv der Einführung einer Luftverkehrsteuer war fiskalischer Natur: Die Einnahmen sollten einen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes und damit zur Erreichung der Defizitgrenze des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts leisten [BMF11a]. Dementsprechend sind die Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer nicht zweckgebunden, also der Finanzierung bestimmter Vorhaben gewidmet, sondern dienen dem allgemeinen Haushalt. Dies gilt auch generell für alle Steuern (Nonaffektationsprinzip).
Darüber hinaus wird argumentiert, dass durch die Luftverkehrsteuer die impliziten Subventionen an die Luftverkehrswirtschaft in Form von Einnahmeverlusten bei Energie- und Mehrwertsteuer sowie vielfältige Subventionen für Flughäfen, insbesondere Regionalflughäfen, teilweise ausgeglichen werden. Somit werde ein Beitrag zur intermodalen Gleichbehandlung geleistet [ThHa13]. Vor dem ökologischen Hintergrund soll die Luftverkehrsteuer auch Anreize für umweltgerechteres Verhalten setzen (Internalisierung externer Effekte) [BMF11a].
Von der Luftfahrtbranche wird die Steuer kritisiert. Die Einführung der Luftverkehrsteuer stelle insbesondere einen internationalen Wettbewerbsnachteil für Fluggesellschaften dar, die in Deutschland ein Luftfahrt-Drehkreuz (Hub) eingerichtet haben und betreiben [BDL14]. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass durch die relativ starke Besteuerung von Inlandsflügen durch die zusätzliche Mehrwertsteuer - von der internationale Flüge befreit sind - ein Angebotsrückgang stattgefunden habe. Vor allem sogenannte Billigfluggesellschaften weisen aufgrund der preissensiblen Nachfrage eine hohe Angebotselastizität auf. Solche Low-Cost-Carrier haben Startflughäfen an grenznahe ausländische Flughäfen verlegt, um der Luftverkehrsteuer auszuweichen [FiFo14].
Aufgrund der zusätzlichen Belastung für die Luftverkehrswirtschaft versuchten Fluggesellschaften gegen die Einführung einer Luftverkehrsteuer zu klagen. Sowohl das Bundesverfassungsgericht (2014) [BVerG14] als auch das Hessische Finanzgericht (2015) [HeFi15] sowie der Bundesfinanzhof in München (2015) [BFH15] entschieden jedoch, dass die Steuer verfassungskonform ist und nicht gegen das Recht der Europäischen Union verstößt. Allerdings gab es zwischenzeitlich Anzeichen, dass die Politik wieder umsteuert. Im Zusammenhang mit dem Luftverkehrskonzept wurde im Mai 2017 der Einstieg zum Ausstieg aus der Luftverkehrsteuer verkündet [Dobr17a]. Die Große Koalition hat sich im Rahmen des Koalitionsvertrags aus dem Jahr 2018 nicht direkt zur Luftverkehrsteuer geäußert, aber die Schaffung fairer Rahmenbedingungen im Einklang mit europäischen und internationalen Regelungen für die Luftverkehrswirtschaft und die Entlastung deutscher Flughäfen und Luftfahrtunternehmen von einseitigen nationalen Kosten angekündigt [Bund18]. Im Koalitionsvertrag des Kabinetts Scholz wurde angekündigt, dass Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer zur Förderung von CO2-neutralen Flugkraftstoffen und zur Flottenmodernisierung im Luftverkehr verwendet werden sollen [DeBu21d].