Differenzierte Preisbildungsprinzipien für Verkehrsinfrastrukturen
Erstellt am: 28.11.2012 | Stand des Wissens: 26.06.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Infrastrukturen weisen in der Regel degressive Langfristkostenfunktionen auf. Dies bedeutet, dass es möglich ist, eine steigende Nachfrage zu immer geringeren Durchschnittskosten zu bedienen. Diese Eigenschaft ist hinreichend zur Feststellung eines möglichen natürlichen Monopols auf einem Markt, sofern dieser Markt eng entsprechend der Nachfrage für eine bestimmte betrachtete Infrastruktur definiert wird. Bei einem natürlichen Monopol ist ein Markt immer kostengünstiger durch nur einen als durch jegliche Kombination verschiedener Anbieter zu bedienen.
Setzt ein Monopolist seine Preise entsprechend den Grenzkosten, so wird die Wohlfahrt maximiert, sofern Wohlfahrtseffekte auf anderen Märkten außer Acht gelassen werden oder nicht existieren [vgl. FrWe93]. Dies gilt kurzfristig (die Kurzfristgrenzkosten sind insbesondere die Abnutzungskosten der Infrastruktur) als auch langfristig (die Langfristgrenzkosten sind dann die Kapazitätserweiterungskosten und die Dimensionierungskosten). In beiden Fällen erwirtschaftet dann jedoch der Betreiber einen Verlust. Die second best Lösung verfolgt das Ziel, die Wohlfahrt unter der Randbedingung der Vollkostendeckung zu maximieren. Im Falle eines Nachfragesegmentes werden dann die Durchschnittskosten berechnet und bei mehreren Segmenten wird ein Aufschlag auf die Grenzkosten verlangt, wobei die unelastischere Nachfrage einen vergleichsweise größeren Deckungsbeitrag leistet (sog. Ramsey Pricing, vgl. BoFi99, Kenn91).
Im Falle zeitlich differenzierter Nachfrage ist die wohlfahrtsoptimale Preissetzung wie folgt: Die Nutzer in den nachfrageschwachen Stunden tragen nur die kurzfristigen Grenzkosten, während die Spitzenzeitnutzer die langfristigen Grenzkosten der Kapazitätserweiterung tragen (peak-load pricing, vgl. Aber03a). Peak-load pricing hat eine positive Steuerungswirkung: Nachfrager mit einer hohen Preiselastizität werden auf andere Zeiten oder Verkehrsmittel ausweichen. Wie jedes grenzkostenbasierte Bepreisungsschema garantiert peak-load pricing im Falle degressiver Kostenfunktionen auch nicht zwangsläufig eine Vollkostendeckung.