Kostenunterschätzungen bei Megaprojekten
Erstellt am: 27.05.2011 | Stand des Wissens: 21.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Eine Untersuchung von 258 Kostenprognosen im Verkehrsbereich hat ergeben, dass neun von zehn Verkehrsprojekten Kostenunterschätzungen aufweisen. Dabei werden die Kosten bei Bahnprojekten häufiger unterschätzt als bei Straßenprojekten (vgl. Abb. 1). [FlBrRo03, S. 15f]
Abb. 1: Prozentuale Abweichung der tatsächlichen von den prognostizierten Baukosten [FlBrRo03, S. 17]
Insgesamt überschreiten die tatsächlichen Kosten bei Bahnprojekten die geschätzten um durchschnittlich 45 Prozent, bei Straßenprojekten um 20 Prozent. Die Kosten von Brücken und Tunneln werden um durchschnittlich 34 Prozent zu niedrig angesetzt. Innerhalb der letzten 70 Jahre konnte keine Verbesserung in der Kostenprognose verzeichnet werden. [FlBrRo03, S. 15f]
Zur Erklärung der Kostenunterschätzung bei Großprojekten werden technische, psychologische und politisch-ökonomische Gründe genannt.
Technische Erklärung
Prognoseabweichungen werden seitens der Projektverantwortlichen am häufigsten mit technischen Problemen wie unvorhersehbaren Entwicklungen oder einer schlechten Datensituation erklärt. Trifft diese Erklärung zu, hätte ein Lernprozess infolge von finanziellen Förderungen der Datengrundlage und Methodenforschung in den letzten Jahren eintreten müssen. Eine solche Verbesserung konnte jedoch nicht festgestellt werden (vgl. Abb. 2). [FlSkBu03]
Technische Erklärung
Prognoseabweichungen werden seitens der Projektverantwortlichen am häufigsten mit technischen Problemen wie unvorhersehbaren Entwicklungen oder einer schlechten Datensituation erklärt. Trifft diese Erklärung zu, hätte ein Lernprozess infolge von finanziellen Förderungen der Datengrundlage und Methodenforschung in den letzten Jahren eintreten müssen. Eine solche Verbesserung konnte jedoch nicht festgestellt werden (vgl. Abb. 2). [FlSkBu03]
Abb. 2: Zeitliche Entwicklung von Kostenabweichungen bei Megaprojekten [FlSkBu03, S. 18]
Psychologische Erklärung
Der psychologische Erklärungsansatz geht von einem unbewussten überzogenen Optimismus der Politiker, Ingenieure oder Architekten aus, die mit dem Projekt große Hoffnungen verbinden (Optimism bias). Dadurch werden die Kosten zu optimistisch dargestellt und folglich unterschätzt. Dieser Erklärungsansatz kann jedoch nicht der Grund für anhaltende Kostenunterschätzungen sein, da die Projektträger mit der Zeit und den Erfahrungen aus den Fehlern der Kostenunterschätzung gelernt und damit den unbewussten Optimismus ablegt haben müssten. [FlSkBu03, S. 27f]
Politisch-ökonomische Erklärung
Der Hauptgrund von Kostenunterschätzungen liegt in einer strategischen Unterschätzung der Kosten aus politischen oder ökonomischen Gründen. Diese Fehldarstellung kann auftreten, wenn ein Projektträger den Auftrag bekommt, die Projektkosten zu prognostizieren, und zugleich später einen wirtschaftlichen Vorteil aus einer Projektrealisierung erhält. Dann besteht für ihn der Anreiz, die Kosten möglichst optimistisch darzustellen, da er zusammen mit anderen Projekten um die begrenzten öffentlichen finanziellen Mittel konkurriert. Dabei werden Risiken wie Verzögerungen oder Unfälle in der Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht berücksichtigt. Dieses Phänomen wird von der Weltbank als das EGAP-Prinzip (Everything Goes According to Plan) bezeichnet. Strategische Fehldarstellungen einer Wirtschaftlichkeitsrechnung können auch von Politikern initiiert werden, um bedeutende Veränderungen für die Region zu schaffen und damit Wählerstimmen für die nächste Wahl zu erhalten. [CaFl10, S. 12]
Der psychologische Erklärungsansatz geht von einem unbewussten überzogenen Optimismus der Politiker, Ingenieure oder Architekten aus, die mit dem Projekt große Hoffnungen verbinden (Optimism bias). Dadurch werden die Kosten zu optimistisch dargestellt und folglich unterschätzt. Dieser Erklärungsansatz kann jedoch nicht der Grund für anhaltende Kostenunterschätzungen sein, da die Projektträger mit der Zeit und den Erfahrungen aus den Fehlern der Kostenunterschätzung gelernt und damit den unbewussten Optimismus ablegt haben müssten. [FlSkBu03, S. 27f]
Politisch-ökonomische Erklärung
Der Hauptgrund von Kostenunterschätzungen liegt in einer strategischen Unterschätzung der Kosten aus politischen oder ökonomischen Gründen. Diese Fehldarstellung kann auftreten, wenn ein Projektträger den Auftrag bekommt, die Projektkosten zu prognostizieren, und zugleich später einen wirtschaftlichen Vorteil aus einer Projektrealisierung erhält. Dann besteht für ihn der Anreiz, die Kosten möglichst optimistisch darzustellen, da er zusammen mit anderen Projekten um die begrenzten öffentlichen finanziellen Mittel konkurriert. Dabei werden Risiken wie Verzögerungen oder Unfälle in der Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht berücksichtigt. Dieses Phänomen wird von der Weltbank als das EGAP-Prinzip (Everything Goes According to Plan) bezeichnet. Strategische Fehldarstellungen einer Wirtschaftlichkeitsrechnung können auch von Politikern initiiert werden, um bedeutende Veränderungen für die Region zu schaffen und damit Wählerstimmen für die nächste Wahl zu erhalten. [CaFl10, S. 12]