Megaprojektplanung und -bewertung in Norwegen
Erstellt am: 24.05.2011 | Stand des Wissens: 11.11.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Auch in Norwegen traten in der Vergangenheit bei der Planung von Megaprojekten Probleme wie Kostenunterschätzungen auf. Um dies zu vermeiden und in der anfänglichen Planungsphase Projektentscheidungen auf einer qualitativ guten Informationsgrundlage zu treffen, hat Norwegen im Jahr 2000 unter Führung des Finanzministeriums ein Qualitätssicherungssystem (quality at entry regime) eingeführt. Dieses Qualitätssicherungssystem gilt für Investitionsprojekte mit einem Investitionsvolumen von mehr als 100 Millionen Euro [SaVo14]. Der norwegische Planungsprozess unterteilt sich in eine Vorstudien-, Vorplanungs- und Planungsphase (vgl. Abb.1).

Qualitätssicherung 1: Projektwahl
In der Vorstudienphase wird eine erste Qualitätssicherung (choice of concept) im Auftrag des Finanzministeriums durch externe Gutachter durchgeführt, um die professionelle Qualität der Entscheidungsdokumente und damit einen fairen und rationalen Auswahlprozess zu gewährleisten. Dazu müssen von den Projektträgern neben der Null-Alternative (kein Projekt) mindestens zwei mögliche alternative Konzepte zur Bewertung vorgeschlagen werden. Auf Grundlage einer Bedarfsanalyse, eines Strategie- und Anforderungsdokuments sowie einer Alternativanalyse geben externe Gutachter eine Bewertung der Alternativen ab. In einem Abschlussbericht präsentieren sie ihre Bewertung und Empfehlung, indem sie für jede Projektalternative eventuelle Projektunsicherheiten, sozioökonomische Nutzen und Kosten, Relevanz, Implementierungseffizienz und Nachhaltigkeit aufführen. Auf Grundlage dieser Empfehlung bewilligt die Regierung eine Vorplanungsphase des Projekts [MaKn05, S. 5f].
Qualitätssicherung 2: Kostencontrolling
Die zweite Qualitätssicherung der Kostenkontrolle findet in der Vorplanungsphase statt. Ziel dieser Qualitätskontrolle ist es, dem Parlament eine unabhängige Projektbewertung zu liefern, auf deren Grundlage die Projektfinanzierung bewilligt wird. Auch in dieser Phase werden über das Finanzministerium externe Gutachter beauftragt. Sie prüfen auf Grundlage eines Strategiedokuments des Projektträgers die Managementstrategie sowie Erfolgs- und Unsicherheitsfaktoren. Schließlich bewerten sie in ihrem Bericht die veranschlagten Kostenprognosen und setzen einen Kostenrahmen für mögliche Ereignisse. Zur Einhaltung dieses Kostenrahmens werden Projektmanagementstrategien empfohlen [MaKn05, S. 6].
Praxisergebnisse
Innerhalb einer Studie mit 23 Projekten zwischen 2001 und 2009 wurde tatsächlich eine Verbesserung des Projektverfahrens festgestellt [ToJe10, S. 1]. Dabei entsprachen 91 Prozent der Projekte dem Kostenrahmen, 87 Prozent der Projekte wurden pünktlich fertiggestellt und 95 Prozent der Projekte entsprachen der geforderten Qualität und Kapazität. Insgesamt wurden 108 Projekte seit dem Beginn des Jahres 2000 innerhalb des Qualitätsprogramms durchgeführt. Dabei wurden 14 Verkehrsprojekte, davon 12 Straßen und zwei Schienenprojekte, vier Bauprojekte und zwei I&K-Technologie Projekte analysiert [ToJe10, S. 2].