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Einnahmequellen für die Fernstraßenfinanzierung

Erstellt am: 15.03.2011 | Stand des Wissens: 20.08.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Infrastrukturwirtschaft und -management - Prof. Dr. Thorsten Beckers
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics

Die Bundesfernstraßen bestehen (Stand Februar 2024) aus 13.172 Kilometer Bundesautobahnen und 37.810 Kilometer Bundesstraßen sowie 39.818 Brücken und 273 Tunnels [BMDV24d]. Die Frage, wie die Bundesfernstraßen finanziert werden sollen, ist bereits seit über 100 Jahren ein vieldiskutiertes Thema in den Verkehrswissenschaften [Doll04, S. 5]. Für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur kann der Bund auf verschiedene Finanzierungsquellen zurückgreifen. Lange Zeit stammten die Mittel für die Bundesfernstraßenfinanzierung allein aus dem Steuerhaushalt. Dabei wurden häufig die Kfz- und Energie-Steuern mit der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung in Verbindung gebracht, obwohl diese Verkehrssteuern nicht gesetzlich zweckgebunden waren. Die EU-Kommission schlug in ihrem Grünbuch "Faire und effiziente Preise im Verkehr" 1995 die Einführung von Benutzungsgebühren für den Straßenverkehr vor [KOM95]. Der Wissenschaftliche Beirat des BMV hat diese Anregung mit seinem Gutachten zu "Neue Wege zur Finanzierung und Nutzungsoptimierung für die Straßeninfrastruktur" 1996 aufgegriffen, allerdings die von der EU-Kommission vorgeschlagene grenzkostenbasierte Gebührenbemessung kritisiert [AbAc96]. Die EU-Kommission hat anschließend mit der Eurovignetten-Richtlinie [1999/62/EGa] eine vollkostenbasierte Gebührenbemessung für neu eingeführte Bemautungen in der EU festgelegt. Diese Richtlinie wurde mehrfach revidiert. In der aktuellen Fassung wird die Bemessungsgrundlage der vollen Infrastrukturkosten um Aufschläge für externe Kosten und Staukosten erweitert und gilt für Lkw ab 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse (t tzGm) [(EU) 2022/362].
Mit der Einführung einer fahrleistungsbezogenen Lkw-Maut in Deutschland im Jahr 2005 wurde die reine Haushaltsfinanzierung für die Bundesautobahnen durch eine Nutzerfinanzierung ergänzt. Seit 2018 sind auch die Bundesstraßen in die Mauterhebung einbezogen. Die mautpflichtigen Lkw-Kategorien begannen mit Fahrzeugen ab 12 t tzGm, wurden später auf Fahrzeuge mit mehr als 7,5 t tzGm und seit 1. Juli 2024 auf Fahrzeuge mit mehr als 3,5 t tzGm erweitert [BMDV24e]. Die geplante Einführung einer Pkw-Maut auf Bundesfernstraßen wurde vom Europäischen Gerichtshof 2019 zurückgewiesen und seither nicht weiterverfolgt.
Die Kosten für die Erhaltung der Bundesfernstraßen sind in den Lkw-Mauten berücksichtigt, wurden allerdings in den Wegekostenrechnungen für das Bundeministerium für Verkehr nach einem idealisierten künftigen Ausgabebedarf bemessen. Nicht berücksichtigt wurde der Nachholbedarf aufgrund unzureichender Erhaltung in der Vergangenheit. Bereits die Pällmann-Kommission (2000) [Päll00] und die Daehre-Kommission (2012) [VIFG12a] identifizierten diese Finanzierungslücke, die sich bis zum heutigen Stand erheblich vergrößert hat und zu Brückensperrungen, Lkw-Umleitungen und Geschwindigkeitsbegrenzungen führte. Beide Kommissionen, wie auch später die Bodewig-Kommissionen (2013; 2015) [BoKo13a; BoKo16] und die Fratzscher-Kommission (2015) [Frat15], schlugen umfassende Veränderungen der Verkehrsfinanzierung vor, insbesondere durch die Einführung von haushaltsnahen Infrastrukturfonds [UBA21ah]. Angesichts des Wettbewerbs um die knappen Finanzierungsmittel des Bundes und der Sicherung einer überjährigen Finanzierung entsprechend des Investitions- und Erhaltungsbedarfs ist die seit langem diskutierte Frage nach einer geeigneten Kombination von Einnahmequellen für die Fernstraßen nach wie vor aktuell.
In den anderen Syntheseberichten der Wissenslandkarte "Einnahmequellen für die Fernstraßenfinanzierung" werden die verschiedenen Einnahmequellen beschrieben und ihre Bedeutung für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung erläutert. Die Auswirkungen auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden spielen im Zusammenhang mit den Zielen der Verkehrs-, Umwelt- und Sozialpolitik eine wichtige Rolle und stehen daher im Mittelpunkt einer bewertenden Analyse.
Ansprechperson
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Einnahmequellen für die Fernstraßenfinanzierung (Stand des Wissens: 15.06.2015)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?345836
Literatur
[AbAc96] Aberle, G., Ackermann, K, et al. Neue Wege zur Finanzierung und Nutzungsoptimierung für die Straßeninfrastruktur , 1996/12
[BMDV24d] Bundesministerium für Digitales und Verkehr, BMDV (Hrsg.) Infrastruktur - Straßennetz (2023), 2024/02/08
[BMDV24e] Bundesministerium für Digitales und Verkehr, BMDV (Hrsg.) Lkw-Maut, 2024/07/01
[BoKo13a] Kommission Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung, 2013/10/02
[BoKo16] Bodewig-Kommission II Bodewig-Kommission II - Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes , 2016
[Doll04] Doll, Claus Allokation gemeinsamer Kosten der Straßeninfrastruktur. Karlsruher Beiträge zur wirtschaftspolitischen Forschung. 16., 2004
[Frat15] Fratzscher, M., et al. Expertenkommission Stärkung von Investitionen in Deutschland, 2015/04
[KOM95] Europäische Kommission, Europäische Kommission (Hrsg.) Faire und effiziente Preise im Verkehr - politische Konzepte zur Internalisierung der externen Kosten
des Verkehrs in der europäischen Union - Grünbuch, 1995/12/20
[Päll00] Kommission Verkehrsinfrastrukturfinanzierung, Pällmann, Dr., Wilhelm (Vorsitz) Abschlussbereicht der Kommission Verkehrsinfrastrukturfinanzierung, 2000/09/05
[UBA21ah] Bernecker, T., Fichert, F., et al. Gesamtkonzept für eine umweltorientierte
Organisation und Institutionalisierung einer
verkehrsträgerübergreifenden Infrastruktur-
finanzierung in Deutschland (GUIDE), 2021
[VIFG12a] Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft mbH (Hrsg.) Bericht der Kommission "Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung", 2012/12
Rechtsvorschriften
[(EU) 2022/362] EU-Richtlinie 2022/362 Des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Februar 2022 zur Änderung der Richtlinien 1999/62/EG, 1999/37/EG und (EU) 2019/520
[1999/62/EGa] EU-Richtlinie 1999/62/EG
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Externe Kosten Kosten, die nicht vom eigentlichen Verursacher, sondern von der Allgemeinheit getragen werden und deshalb nicht in den Marktpreisen enthalten sind, werden als externe Kosten bezeichnet.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?344698

Gedruckt am Sonntag, 22. September 2024 04:08:51