Datenplattformen für Intelligente Verkehrssysteme
Erstellt am: 16.01.2011 | Stand des Wissens: 05.03.2025
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Für diverse Anwendungen intelligenter Verkehrssysteme (IVS) ist es notwendig, Daten aus unterschiedlichsten Quellen zusammenzuführen, um daraus veredelte Informationen für Betreibende, beispielsweise zur Steuerung des Verkehrs oder zur Information von Verkehrsteilnehmenden, ableiten zu können. Zumeist werden diese Daten von genau einem Betreibenden (Autobahndirektion, kommunale Straßenbaubehörde, Verkehrsunternehmen/-verbund/-gesellschaft im öffentlichen Verkehr oder andere) erhoben und in proprietären Formaten lediglich für eigene Zwecke vorgehalten. Ein betreiberübergreifender Austausch und eine dementsprechende Nutzung von Verkehrsdaten sind meist nicht vorgesehen und wird häufig aufgrund vorhandener organisatorischer oder technischer Rahmenbedingungen bisher nur unzureichend realisiert.
Aktuell werden immer wieder Ansätze zur Realisierung von umfassenden Datenplattformen entwickelt, um den Mehrwert des Datenaustauschs für den einzelnen Betreibenden und die Allgemeinheit ausschöpfen zu können. Diese Pilotprojekte (Beschreibungen der Beispielprojekte am Ende dieses Syntheseberichts) haben das Ziel, den unterschiedlichen Betreibenden den einfachen Austausch von statischen und/oder dynamischen verkehrlich relevanten Daten zu ermöglichen, indem bestehende technische oder organisatorisch/politische Hürden abgebaut und interessierte Parteien zusammengebracht (Brokerfunktionalität) werden.
Für die Realisierung des Austauschs von Daten zwischen zwei oder mehreren Betreibenden müssen aus technischer Sicht verschiedene Ebenen betrachtet werden. Auf der untersten Ebene sollte der Betrieb standardisierter, untereinander kompatibler Komponenten angestrebt werden. Da die Implementierung der eingesetzten Systeme meist historisch gewachsen und eine umfassende Migration sehr kostenintensiv ist, besteht auf der nächst höheren Ebene die Möglichkeit, einheitliche, standardisierte Schnittstellen zwischen den Systemen/Komponenten einzusetzen. Diese ermöglichen eine Abstraktion vom eigentlichen System (Black-Box-Sicht), womit sich eine gewisse Herstellermischbarkeit erreichen lässt. Sollte eine einheitliche Schnittstellendefinition nicht möglich sein, so bleibt auf der letzten Ebene nur noch die Möglichkeit, Daten unter Berücksichtigung des Semantikerhalts in die Formate des Zielsystems zu konvertieren. Die Datenqualität ist über alle vorgenannten Ebenen als Querschnittsebene zu berücksichtigen.
Neben diesen syntaktischen Ebenen ist auf der semantischen Ebene zwischen verkehrsbasierter, strategiebasierter und kartenbasierter Information zu unterscheiden. Für jede dieser Informationsarten sind derzeit sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene verschiedene Projekte und Standardisierungsbemühungen im Gange, die im Folgenden exemplarisch aufgelistet sind:
Individualverkehr
Öffentlicher Verkehr
Kartenbasierte Information
Die Verwendung und Einbindung dieser (standardisierten) Verfahren sowie deren Kombination und Zusammenwirken in Form komplexer Datenplattformen für das Verkehrswesen wurden beziehungsweise werden in folgenden exemplarisch gelisteten Projekten erprobt oder realisiert.
Im vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten und im Jahr 2010 erfolgreich abgeschlossenen Projekt AKTIV (Adaptive und Kooperative Technologien für den Intelligenten Verkehr) wurde eine Informationsplattform als "zentrale Drehscheibe für strategie- und verkehrslagebasierte Informationen angepasst an die spezifischen Applikationsanforderungen" erstellt.
Ziele waren:
Ziele waren:
- Erstellung einer Datenplattform als Basis für die Kooperation von Systemen und Akteuren
- Aufbereitung von Daten und Informationen aus unterschiedlichen Quellen
- Bereitstellung der Informationen für die Applikationen
- Unterscheidung unterschiedlicher inhaltlicher Ebenen
- Gewährleistung einer applikationsübergreifenden Georeferenz
- Dezentrale Pflege von verkehrstechnischen Kartenattributen
- Berücksichtigung rechtlicher & organisatorischer Aspekte [Aktiv11]
Der MDM: Mobilitäts Daten Marktplatz sollte die Geschäftsprozesse seiner Nutzer unterstützen und den effizienten Datenaustausch erleichtern. Innovative Mobilitätsdienste durch private Anbieter wurden ebenso gefördert, wie ein hochwertiges Mobilitätsmanagement der öffentlichen Straßenbetreibenden. Besonders wichtig war die aktive Einbindung aller Beteiligten im Markt. Sie sollte eine optimale Ausgestaltung der Plattform gewährleisten." [MDM11] MDM11] Analog dazu ist die mCLOUD die Datenplattform des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). In dieser stellt das Ministerium Daten zu dem Bereich der Mobilität und verwandten Themen offen zur Verfügung und möchte somit innovative Ideen aus dem Bereich der Mobilität fördern. Beispielhaft sind die Themenbereiche Straßen-, Bahn- und Luftverkehr aber auch Klima und Wetter zu nennen. [BMVI20b] Mitte 2022, begannen die ersten Schritte den MDM in die Mobilithek aufzulösen. Ende 2023 wurde der MDM eingestellt. [BMDV22w]
Die Mobilithek löst den MDM ab und bietet sich als Plattform zum Austausch digitaler Informationen, Mobilitätsanbietern, Infrastrukturbetreibern und Verkehrsbehörden sowie Informationsanbietern an. Alle Informationen, die man braucht, um zum Beispiel eine Reise durch Deutschland zu planen, findet man dann auf der Mobilithek: Fahrplandaten, Echtzeit-Verkehrsinformationen, Standorte von Fahrrädern, und vieles mehr. Zusätzlich stellt die Mobilithek Daten dar, die Verkehrspolitische Relevanz haben, zum Beispiel aus dem Bereich des Öffentlichen Verkehrs oder der Straßenverkehrssicherheit. Außerdem ermöglicht die Mobilithek, Start-ups und Unternehmen den Einstieg in den Datenaustausch, indem es den Datenaustausch mit individuellen Nutzungsrechten möglich macht. [BMDV22w]
Das Projekt "Strategiewechsel durch Open Data orientierte Lösungen" (SCHOOL) stärkt dabei die Rolle Des MDM. Im Detail möchte SCHOOL, durch Nutzung vernetzter Technologien, den Verkehr in Ballungszentren leistungsfähiger und umweltfreundlicher gestalten. Das Projekt visiert dabei zum einen den verbesserten Datenzugang für Akteure und zum anderen die Entwicklung datenbasierter Anwendungen für Endkunden an. [BMVI17f]
Im Projekt DAYSTREAM wird eine datenbasierte Anwendung entwickelt , die zum einen neue mobilitätsbezogene Datenquellen für die Früherkennung von Ereignissen erschließt und zum anderen veredelte Daten erzeugt. Hierfür sollen Daten der Plattform mCloud und des MDM mit anderen offenen Daten gemeinsam analysiert werden [BMVI17ar].
Ziel des Projektes Vabene++: Verkehrsmanagement bei Großereignissen und Katastrophen des Instituts für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) war es, die Funktionsfähigkeit des Verkehrssystems und des Verkehrsmanagements nach und während Großereignissen und Katastrophen zu sichern. Besonders Einsatzkräfte und die Polizei wurden durch die Ergebnisse des Projektes unterstützt. Das Projekt lief von 2014 bis 2018. Verschiedene Kampagnen mit ähnlichen Zielen liefen in Vorgängerprojekten seit 2002. [VABE10].