Individuelle Visualisierungssysteme für Verkehrsteilnehmende
Erstellt am: 16.01.2011 | Stand des Wissens: 26.03.2020
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Individuelle Visualisierungssysteme geben dem Verkehrsteilnehmenden optisch aufbereitete Information über die für ihn relevanten verkehrlichen Vorkommnisse, wie die Verkehrslage, Baustellen, Wetter, Fahrpläne von öffentlichen Verkehrsmitteln und gegebenenfalls deren Verspätungen. Dabei wird zwischen Visualisierungssystemen für Individualverkehr und öffentlichen Verkehr unterschieden.
Visualisierungssysteme für den Individualverkehr können im Fahrzeug fest verbaut oder auf mobilen Endgeräten installiert sein. Hierbei wird unterschieden zwischen der Voll-Integration, bei welcher alle Funktionen über ein dem Fahrzeug zugehöriges Bedienkonzept gesteuert werden können, der Teil-Integration, bei welcher die Bedienung externer Geräte nach erfolgter Verbindung mit dem Fahrzeug über die Bedienoberfläche des Fahrzeuges erfolgen kann und der Minimal-Integration, bei welcher das Fahrzeug eine Schnittstelle (z. B. Audioausgang) aufweist, mit welcher Inhalte vom externen Gerät z. B. über die Lautsprecher des Fahrzeuges abgespielt werden können [GDV15, S. 25 - 28].
Die Systeme umfassen individuelle Routenführung, Warnung bei Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und individuelle Geschwindigkeitsempfehlungen. Geschwindigkeitswarnungen sind in einigen Navigationsgeräten integriert und erscheinen, wenn das Fahrzeug die auf dem Streckenabschnitt zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet. Die Information über die zulässige Geschwindigkeit kommt entweder von Geschwindigkeitsbegrenzungsschildern oder von digitalen Straßenkarten. Zusätzlich zu der Geschwindigkeit aus digitalen Straßenkarten ist eine zuverlässige Information über die genaue geographische Position des Fahrzeugs erforderlich.
Individuelle Geschwindigkeitsempfehlungen im Fahrzeug geben dem Fahrenden bei Annäherung an einen signalisierten Knotenpunkt eine Geschwindigkeit vor, mit der er die Lichtsignalanlage bei Grün erreicht. Zur Berechnung von solchen Geschwindigkeitsempfehlungen wurde in der Vergangenheit umfangreiche Forschungsarbeit geleistet. In den 80er Jahren wurde von der Volkswagen Forschung ein Pilotprojekt zur Geschwindigkeitsempfehlung im Fahrzeug durchgeführt [VWZi83]. Darauf aufbauend wurden in den vergangenen Jahren weitere fest verbaute Ampelphasenassistenten in mobilen Endgeräten implementiert und Lösungen entwickelt [MeHi08, BeJa09, OtHo09].
Als Kehrseite der zunehmenden Benutzung von Visualisierungssystemen im Individualverkehr ist die Ablenkung vom Verkehrsgeschehen zu nennen. Wie nachfolgende Grafik zeigt, bedienten 100 % der beobachteten Personen die Fahrzeugsteuerung. Für die Verkehrssicherheit als besonders problematisch zu betrachten ist die Bedienung des Handys, zu welcher sich 15 % bis 30 % der Fahrenden je nach Tätigkeit verleiten lassen [GDV15, S. 34]. Als besonders beeinträchtigende Tätigkeit wurden "SMS Lesen und Schreiben", jegliche anderweitige Bedienung des Telefons sowie die Bedienung der Navigation ausgemacht [GDV15, S. 67]. Im Allgemeinen lässt sich also festhalten, dass Tätigkeiten, welche das Interagieren mit einem Visualisierungssystem erfordern, als besonders beeinträchtigend einzustufen sind.
Abb. 1: Anteil von Beeinträchtigungen bei verschiedenen Tätigkeiten [links] und Anteil der Fahrenden, die bei 3-stündiger Fahrt potenziell ablenkende Tätigkeiten durchgeführt haben [rechts], Quelle: [GDV15]
Auf dasselbe Prinzip greift auch das Fernbusunternehmen Flixbus zurück, welches dem Kunden per SMS Nachrichten über eventuelle Verspätungen zukommen lässt. Die Preisgabe der Mobilnummer ist hierbei freiwillig.
Viele Fahrplanauskunftssysteme bieten inzwischen auch browserbasierte Lösungen für mobile Endgeräte an. Um diese Anwendungen nutzen zu können, wird ein internetfähiges Mobiltelefon (in der Regel ein Smartphone) benötigt. Die Auskunftsseiten sind auf ein kleineres Display, eine entsprechende Bildschirmauflösung und die entsprechende Menüführung von Mobiltelefonen ausgerichtet. Eine neue Anwendung ist dabei auch die Einführung der sogenannten Quick Response (QR)-Codes, die an Aushangfahrplänen angebracht werden. Diese QR-Codes können mit einem kamerafähigen Mobiltelefon mit Hilfe eines Leseprogramms aufgenommen werden und liefern dann die entsprechenden Echtzeit-Abfahrtsinformationen an der betreffenden Haltestelle. Zunehmend werden spezielle Smartphone-Applikationen für eine Echtzeit-Fahrplanauskunft angeboten. Über einen im Gerät eingebauten GPS-Empfänger kann dabei auch der aktuelle Standort ermittelt werden und es ist eine Navigation zur nächstgelegenen Haltestelle möglich. Nachteilig ist, dass diese Anwendungen immer vom eingesetzten Betriebssystem abhängig sind, beziehungsweise für jedes Betriebssystem entsprechend entwickelt werden müssen. Eine solche App bietet beispielweise die Deutsche Bahn mit dem "DB Navigator" an, welche nicht nur Informationen über den Fernverkehr und Diensten des öffentlichen Personennahverkehrs liefert, sondern auch über eine Buchungsfunktion verfügt [DB17a].