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Individuelle Visualisierungssysteme für Verkehrsteilnehmende

Erstellt am: 16.01.2011 | Stand des Wissens: 05.03.2025

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck

Individuelle Visualisierungssysteme geben dem Verkehrsteilnehmenden optisch aufbereitete Information über die für ihn relevanten verkehrlichen Vorkommnisse, wie die Verkehrslage, Baustellen, Wetter, Fahrpläne von öffentlichen Verkehrsmitteln und gegebenenfalls deren Verspätungen. Dabei wird zwischen Visualisierungssystemen für Individualverkehr und öffentlichen Verkehr unterschieden.
Visualisierungssysteme für den Individualverkehr können im Fahrzeug fest verbaut oder auf mobilen Endgeräten installiert sein. Hierbei wird unterschieden zwischen der Voll-Integration, bei welcher alle Funktionen über ein dem Fahrzeug zugehöriges Bedienkonzept gesteuert werden können, der Teil-Integration, bei welcher die Bedienung externer Geräte nach erfolgter Verbindung mit dem Fahrzeug über die Bedienoberfläche des Fahrzeuges erfolgen kann und der Minimal-Integration, bei welcher das Fahrzeug eine Schnittstelle (zum Beispiel Audioausgang) aufweist, mit welcher Inhalte vom externen Gerät z. B. über die Lautsprecher des Fahrzeuges abgespielt werden können [GDV15,  S. 25 - 28].
Die Systeme umfassen individuelle Routenführung, Warnung bei Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und individuelle Geschwindigkeitsempfehlungen. Geschwindigkeitswarnungen sind in einigen Navigationsgeräten integriert und erscheinen, wenn das Fahrzeug die auf dem Streckenabschnitt zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet. Die Information über die zulässige Geschwindigkeit kommt entweder von visuellen Erkennung von  Geschwindigkeitsbegrenzungsschildern oder von digitalen Straßenkarten. Zusätzlich zu der Geschwindigkeit aus digitalen Straßenkarten ist eine zuverlässige Information über die genaue geographische Position des Fahrzeugs erforderlich.
Individuelle Geschwindigkeitsempfehlungen im Fahrzeug geben dem Fahrenden bei Annäherung an einen signalisierten Knotenpunkt eine Geschwindigkeit vor, mit der er die Lichtsignalanlage bei Grün erreicht. Zur Berechnung von solchen Geschwindigkeitsempfehlungen wurde in der Vergangenheit umfangreiche Forschungsarbeit geleistet. In den 80er Jahren wurde von der Volkswagen Forschung ein Pilotprojekt zur Geschwindigkeitsempfehlung im Fahrzeug durchgeführt [VWZi83]. Darauf aufbauend wurden in den vergangenen Jahren weitere fest verbaute Ampelphasenassistenten in mobilen Endgeräten implementiert und Lösungen entwickelt [MeHi08, BeJa09, OtHo09].
Als Kehrseite der zunehmenden Benutzung von Visualisierungssystemen im Individualverkehr ist die Ablenkung vom Verkehrsgeschehen zu nennen. Wie nachfolgende Grafik zeigt, immer mehr Menschen gehen dazu über, am Steuer Textnachrichten zu lesen und zu schreiben. Die neue Allianz Studie zeigt, dass sich der Anteil an Autofahrenden, die das Smartphone in die Hand nehmen und eine Textnachricht schreiben oder lesen, zwischen 2016 und 2022 von 15 auf 24 Prozent um fast zwei Drittel erhöht hat. [All23]
Screenshot 2025-03-05 110411.pngAbb. 1: Moderne Technik lenkt Fahrende zu stark ab [All23]
Auch im öffentlichen Verkehr kommen zunehmend individualisierte Visualisierungssysteme (sogenannte mobile Dienste) zum Einsatz. Viele Fahrplanauskunftssysteme bieten inzwischen browserbasierte Lösungen für mobile Endgeräte an. Um diese Anwendungen nutzen zu können, wird ein internetfähiges Mobiltelefon (in der Regel ein Smartphone) benötigt. Die Auskunftsseiten sind auf ein kleineres Display, eine entsprechende Bildschirmauflösung und die entsprechende Menüführung von Mobiltelefonen ausgerichtet. Eine neue Anwendung ist dabei auch die Einführung der sogenannten Quick Response (QR)-Codes, die an Aushangfahrplänen angebracht werden. Diese QR-Codes können mit einem kamerafähigen Mobiltelefon mit Hilfe eines Leseprogramms aufgenommen werden und liefern dann die entsprechenden Echtzeit-Abfahrtsinformationen an der betreffenden Haltestelle. Zunehmend werden spezielle Smartphone-Applikationen für eine Echtzeit-Fahrplanauskunft angeboten. Über einen im Gerät eingebauten GPS-Empfänger kann dabei auch der aktuelle Standort ermittelt werden und es ist eine Navigation zur nächstgelegenen Haltestelle möglich. Nachteilig ist, dass diese Anwendungen immer vom eingesetzten Betriebssystem abhängig sind, beziehungsweise für jedes Betriebssystem entsprechend entwickelt werden müssen. Eine solche App bietet beispielweise die Deutsche Bahn mit dem "DB Navigator" an, welche nicht nur Informationen über den Fernverkehr und Diensten des öffentlichen Personennahverkehrs liefert, sondern auch über eine Buchungsfunktion verfügt [DB17a].
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrstelematik (Stand des Wissens: 05.03.2025)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?340318
Literatur
[All23] Allianz SE Allianz Studie: Ablenkung und moderne Technik, 2023/03/01
[BeJa09] A. Bezemer, J. Janse, P. van Koningsbruggen, E. Koenders, L. van de Biggelaar ODYSA IN-CAR in Eindhoven - An in-car optimised dynamic speed advice helps to fin tune green sequences, veröffentlicht in Proceedings of the 16th ITS World Congress, 2009
[DB17a] Deutsche Bahn AG Konzern (Hrsg.) Die App DB Navigator, 2017
[GDV15] Mark Vollrath, Anja Katharina Huemer, Patricia Nowak, Olivier Pion, Thomas Hummel Ablenkung durch Informations- und Kommunikationssysteme, Ausgabe/Auflage Forschungsbericht Nr. 26, Berlin, 2015/01, ISBN/ISSN 978-3-939163-55-8
[MeHi08] C. Menig, R. Hildebrandt, R. Braun Der informierte Fahrer - Optimierung des Verkehrsablaufs durch LSA-Fahrzeug-Kommunikation, veröffentlicht in HEUREKA '08 - Optimierung in Verkehr und Transport, FGSV Verlg, Köln, 2008, ISBN/ISSN 978-3-939715-48-1
[OtHo09] T. Otto, R. Hoyer Geocoding Approach to V2I Communication assisted Traffic Lights using Nomadic Devices, veröffentlicht in Proceedings of the 16th ITS World Congress, 2009
[VWZi83] Volkswagen AG, W. Zimdahl Wolfsburger Welle - Ein Projekt der Volkswagen Forschung, 1983
Weiterführende Literatur
[BMVI19aa] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Fahrplan- und Echtzeitdaten für ehrenamtlich organisierte Verkehre: Datengenerierung und Integration in dynamische Auskunftssysteme - FEeoV, 2019/01/01
Glossar
App
Ist eine Abkürzung für den Fachbegriff Applikation (App) und bezeichnet eine Anwendungssoftware, die für mobile Endgeräte, wie Smartphone oder Tablet-PC entwickelt wurde. Apps können als Zusatzsoftware auf mobilen Endgeräten installiert werden und erweitern dadurch deren Funktionsumfang. Je nach Betriebssystem kann der Nutzer auf eine Vielzahl von mobilen Applikationen auf dem vom Betriebssystem bereitgestellten Marktplatz kostenpflichtig oder kostenlos zugreifen.
Knotenpunkt
Ein Knotenpunkt im Verkehr ist ein Ort, bei dem sich mehrere Verkehrswege gleicher Art kreuzen oder ein Verkehrsweg in einen Verkehrsweg gleicher Art einmündet. In einem Verkehrsknotenpunkt befinden sich mehrere Verkehrsknoten von Verkehrswegen unterschiedlicher Art in unmittelbarer Nähe. In einem Verknüpfungspunkt kann der Übergang zwischen Fahrzeugen eines Verkehrssystems oder zweier verschiedener Verkehrssysteme erfolgen.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Global Positioning System Global Positioning System (GPS), offiziell NAVSTAR GPS, ist ein globales Navigationssatellitensystem zur Positionsbestimmung und Zeitmessung. GPS basiert auf Satelliten, die mit kodierten Radiosignalen ständig ihre aktuelle Position und die genaue Uhrzeit ausstrahlen. Aus den Signallaufzeiten können GPS-Empfänger dann ihre eigene Position und Geschwindigkeit berechnen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?339600

Gedruckt am Sonntag, 16. März 2025 21:08:47