Aktionsplan zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa
Erstellt am: 16.01.2011 | Stand des Wissens: 30.12.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Betrachtet man den derzeitigen Einsatz von Intelligenten Verkehrssystemen (IVS) europaweit, so können große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern festgestellt werden. Es existiert eine Vielzahl nationaler und regionaler Verkehrstelematikanwendungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Reifegraden. Am 06. Dezember 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission den "Aktionsplan zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa" mit dem Ziel, dieser Mannigfaltigkeit entgegenzuwirken und einen Rechtsrahmen für europaweite IVS zu schaffen [KOM(2008)886]. Ausgewiesenes Ziel des Aktionsplanes ist "die Einführung intelligenter Verkehrssysteme (IVS) im Straßenverkehr, einschließlich Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern, zu beschleunigen und zu koordinieren" [KOM(2008)886]. Darauf aufbauend wurde die Richtlinie 2010/40/EU zum Rahmen für die Einführung von IVS im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern am 7. Juli 2010 vom Europäischen Parlament und Rat verabschiedet [EU 2010/40]. Sie trat am 26. August 2010 in Kraft. Im Frühjahr 2011 erschien das Weißbuch der Europäischen Kommission, in welchem die Strategie der nächsten 10 Jahre für die Umsetzung eines einheitlichen europäischen Verkehrsraums beschrieben ist [EUKom11a]. Unter anderem wird darin auf die Bedeutung von IVS für die Realisierung einer nachhaltigen, wettbewerbsfähigen und ressourcenschonenden Entwicklung des Verkehrs in Europa hingewiesen.
"Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Straßenverkehrssektor [...] wird einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Umweltleistung, der Effizienz, einschließlich der Energieeffizienz, der Straßenverkehrssicherheit, auch bei der Beförderung gefährlicher Güter, der öffentlichen Sicherheit sowie der Mobilität von Personen und Gütern leisten [...] [EU 2010/40]." Dies stellt einen Haupterwägungsgrund (Erwägungsgrund 4) für die Verabschiedung der Richtlinie dar.
Die Richtlinie adressiert die vorrangingen Bereiche:
Die Richtlinie adressiert die vorrangingen Bereiche:
Innerhalb dieser Bereiche wurden die folgenden Maßnahmen als vorrangig eingestuft:
- die Bereitstellung von multimodalen Reiseinformationsdiensten in der Europäische Union (EU);
- die Bereitstellung EU-weiter Echtzeit-Verkehrsinformationsdienste;
- Daten und Verfahren, um Straßennutzenden, soweit möglich, ein Mindestniveau allgemeiner für die Straßenverkehrssicherheit relevanter Verkehrsmeldungen unentgeltlich anzubieten;
- harmonisierte Bereitstellung einer interoperablen EU-weiten emergeny-call-Anwendung (eCall);
- Bereitstellung von Informationsdiensten für sichere Parkplätze für Lastkraftwagen (Lkw) und andere gewerbliche Fahrzeuge;
- Bereitstellung von Reservierungsdiensten für sichere Parkplätze für Lkw und andere gewerbliche Fahrzeuge.
Eine detaillierte Auflistung und Beschreibung aller relevanten Bereiche und Maßnahmen ist im Anhang I der Richtlinie 2010/40/EU zu finden [EU 2010/40]. Der Anhang II enthält Grundsätze für die Spezifikationen und die Einführung von IVS, diese sollen zum Beispiel effektiv und kostengünstig sein, aber auch die bestehenden nationalen Infrastruktur- und Netzmerkmale berücksichtigen.
Neben der Festlegung der Handlungsfelder schreibt die Richtlinie in Artikel 16 vor, dass die Kommission einen europäischen IVS-Ausschuss und eine europäische IVS-Beratergruppe einsetzt. Deren Aufgabe ist es, die Kommission in wirtschaftlichen und technischen Fragen zur Einführung und Nutzung von IVS in der EU zu beraten. Diese Beratungsgruppe knüpft an die eSafety Initiative der EU an, deren Aufgabe die Entwicklung von Einführungsstrategien für fahrzeugbasierte Sicherheitsanwendungen und IVS ist, die auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit abzielen. Der Hauptnutzen der Beratergruppe wird dabei in einer verbesserten Zusammenarbeit, in schnelleren Entscheidungsprozessen und kürzeren Fristen in den Rechtsetzungsverfahren gesehen.
Anfang 2019 beschloss die Europäische Kommission weitere Vorschriften, um kooperative intelligente Verkehrssysteme (Cooperative Intelligent Transport Systems, C-ITS) schneller einführen zu können. Es soll die Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander und der straßenseitigen Infrastruktur verbessert werden. Hierbei werden Mindestanforderungen für die Systeminteroperabilität festgelegt, wodurch der Nachrichtenaustausch zwischen entsprechend ausgestatteten C-ITS-Stationen ermöglicht wird [EK19].
Die Umsetzung des "Aktionsplan zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa" [KOM(2008)886] in Deutschland erfolgte mit dem "IVS Aktionsplan Straße" [Bmvb12a], der durch Vertreter von Bund, Ländern, Kommunen, Verbänden, der Industrie sowie einem IVS-Beirat erarbeitet wurde. Der Aktionsplan gibt die koordinierte Entwicklung und Neuschaffung von Intelligenten Verkehrssystemen unter Berücksichtigung der europäischen Richtlinien für Deutschland vor. Die geplanten Maßnahmen sind in drei Handlungsfelder unterteilt.
- Optimale Nutzung von Straßen-, Verkehrs- und Reisedaten;
- Durchgängigkeit der IVS-Dienste in den Bereichen Verkehrsmanagement und Verkehrsinformation;
- IVS-Anwendungen zur Steigerung der Verkehrseffizienz, Verkehrssicherheit und Umweltverträglichkeit [Bmvb12a].
Das am 21.06.2013 in Kraft getretene Intelligente Verkehrssysteme Gesetz (IVSG) setzt die Richtlinien des Europäischen Parlamentes zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und mit Bezug auf Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern in nationales Recht um. In den einzelnen Bundesländern ist die Umsetzung der Anforderungen aus dem EU-Aktionsplan unterschiedlich weit fortgeschritten [IVSG13, EU 2010/40]. Durch den Rahmenplan "Staufreies Hessen 2015" sind in Hessen bereits viele der Anforderungen umgesetzt [HELA11]. In Sachsen-Anhalt bildet der "IVS-Rahmenplan Sachsen-Anhalt" die Grundlage für eine Umsetzung des IVSG [ROES11]. In Bayern zeigte der Rahmenplan "Verkehrsmanagement Bayern 2025" auf, wie in Einzelprojekten auf die Richtlinie Bezug genommen wird und in welchen Bereichen bereits eine Umsetzung erfolgt ist [Baye16]. Gebündelt werden die Bestrebungen der einzelnen Bundesländer durch das ITS Network Germany [ITS18, S. 2].