Aktionsplan zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa
Erstellt am: 16.01.2011 | Stand des Wissens: 05.03.2025
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Betrachtet man den derzeitigen Einsatz von Intelligenten Verkehrssystemen (IVS) europaweit, so können große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern festgestellt werden. Es existiert eine Vielzahl nationaler und regionaler Verkehrstelematikanwendungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Reifegraden. Am 06. Dezember 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission den "Aktionsplan zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa" mit dem Ziel, dieser Mannigfaltigkeit entgegenzuwirken und einen Rechtsrahmen für europaweite IVS zu schaffen [KOM(2008)886]. Fortgeführt wurde dieser Aktionsplan durch die Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität [EuKo20i]. Ausgewiesenes Ziel der neuen Mobilitätsstrategie ist der Wandel des EU-Verkehrssystems hin zu einem ökologischen und digitalen Verkehrssystem, welches nachhaltig und widerstandsfähig gegenüber künftigen Krisen ist. Mit der Neuerung des Aktionsplans rückt die Nachhaltigkeit des Verkehrssektors in den Vordergrund während die IVS als eines der Mittel zur Erreichung dieser Ziele aufgeführt werden.
Die Richtlinie 2010/40/EU wurde auf Grundlage des ursprünglichen Aktionsplans (KOM(2008)886) am 7. Juli 2010 vom Europäischen Parlament und Rat verabschiedet [EU 2010/40]. Mit der Aktualisierung des Aktionsplans (SWD(2020)331) wurde sie durch die Richtlinie [EU 2023/2661] ergänzt, die am 20.12.2023 in Kraft trat. Die Anpassung berücksichtigt den aktuellen Stand der Technik und die Ziele der EU. Zudem dient die Richtlinie als Instrument zur Umsetzung des Europäischen Grünen Deals. Die Modernisierung und Erweiterung des IVS-Rahmens soll den Verkehr effizienter, nachhaltiger und klimafreundlicher machen mit Digitalisierung als Schlüssel zur Klimaneutralität und Ressourcenschonung [EuKo20i].
Die Richtlinie adressiert die vorrangingen Bereiche:
Die Richtlinie adressiert die vorrangingen Bereiche:
Innerhalb dieser Bereiche wurden die folgenden Maßnahmen als vorrangig eingestuft:
- die Bereitstellung und Vereinheitlichung von EU-weiten multimodalen digitalen Mobilitätsdiensten und Straßenverkehrsinformations- und Navigationsdiensten;
- die Harmonisierung bestehender Verkehrs- und Störungsmanagementdienste;
- Entwicklung präziser Mobilitätsmanagementdienste;
- Vereinheitlichung der IVS-Architektur (Interoperabilität und Kontinuität);
- Bereitstellung von verkehrsträgerübergreifenden Diensten für die Güterverkehrslogistik (Verfolgung und Ortung von Gütern);
- Ermöglichen des Datenaustauschs von frachtbezogenen Daten in der Güterverkehrslogistik;
- Daten und Verfahren, um Straßennutzenden, soweit möglich, ein Mindestniveau allgemeiner für die Straßenverkehrssicherheit relevanter Verkehrsmeldungen unentgeltlich anzubieten;
- harmonisierte Bereitstellung einer interoperablen EU-weiten emergeny-call-Anwendung (eCall);
- Bereitstellung von Informationsdiensten für sichere Parkplätze für Lastkraftwagen (Lkw) und andere gewerbliche Fahrzeuge;
- Bereitstellung von Reservierungsdiensten für sichere Parkplätze für Lkw und andere gewerbliche Fahrzeuge:
- Vereinheitlichung und Standardisierung von Daten- und Informationsaustausch zwischen Fahrzeugen, Infrastruktur und Straßennutzenden.
Eine detaillierte Auflistung und Beschreibung aller relevanten Bereiche und Maßnahmen ist im Anhang I der Richtlinie 2023/2661/EU zu finden [EU 2023/2661]. Der Anhang II enthält Grundsätze für die Spezifikationen und die Einführung von IVS, diese sollen zum Beispiel effektiv und kostengünstig sein, aber auch die bestehenden nationalen Infrastruktur- und Netzmerkmale berücksichtigen.
Neben der Festlegung der Handlungsfelder schreibt die Richtlinie in Artikel 16 [EU 2010/40] vor, dass die Kommission einen europäischen IVS-Ausschuss und eine europäische IVS-Beratergruppe einsetzt. Deren Aufgabe ist es, die Kommission in wirtschaftlichen und technischen Fragen zur Einführung und Nutzung von IVS in der EU zu beraten. Diese Beratungsgruppe knüpft an die eSafety Initiative der EU an, deren Aufgabe die Entwicklung von Einführungsstrategien für fahrzeugbasierte Sicherheitsanwendungen und IVS ist, die auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit abzielen. Der Hauptnutzen der Beratergruppe wird dabei in einer verbesserten Zusammenarbeit, in schnelleren Entscheidungsprozessen und kürzeren Fristen in den Rechtsetzungsverfahren gesehen.
Anfang 2019 beschloss die Europäische Kommission weitere Vorschriften, um kooperative intelligente Verkehrssysteme (Cooperative Intelligent Transport Systems, C-ITS) schneller einführen zu können. Es soll die Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander und der straßenseitigen Infrastruktur verbessert werden. Hierbei werden Mindestanforderungen für die Systeminteroperabilität festgelegt, wodurch der Nachrichtenaustausch zwischen entsprechend ausgestatteten C-ITS-Stationen ermöglicht wird [EK19].
Die Umsetzung des Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität [EuKo20i] in Deutschland erfolgte mit dem "IVS Aktionsplan Straße" [BMDV20i], der durch Vertreter von Bund, Ländern, Kommunen, Verbänden, der Industrie sowie einem IVS-Beirat erarbeitet wurde. Der Aktionsplan gibt die koordinierte Entwicklung und Neuschaffung von Intelligenten Verkehrssystemen unter Berücksichtigung der europäischen Richtlinien für Deutschland vor. Die geplanten Maßnahmen sind in drei Handlungsfelder unterteilt.
- Optimale Nutzung von Straßen-, Verkehrs- und Reisedaten;
- Durchgängigkeit der IVS-Dienste in den Bereichen Verkehrsmanagement und Verkehrsinformation;
- IVS-Anwendungen zur Steigerung der Verkehrseffizienz, Verkehrssicherheit und Umweltverträglichkeit [Bmvb12a].
Das am 21.06.2013 in Kraft getretene Intelligente Verkehrssysteme Gesetz (IVSG) setzt die Richtlinien des Europäischen Parlamentes zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und mit Bezug auf Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern in nationales Recht um. In den einzelnen Bundesländern ist die Umsetzung der Anforderungen aus dem EU-Aktionsplan unterschiedlich weit fortgeschritten [IVSG13, EU 2010/40]. Durch den Rahmenplan "Staufreies Hessen 2015" sind in Hessen bereits viele der Anforderungen umgesetzt [HELA11]. In Sachsen-Anhalt bildet der "IVS-Rahmenplan Sachsen-Anhalt" die Grundlage für eine Umsetzung des IVSG [ROES11]. In Bayern zeigte der Rahmenplan "Verkehrsmanagement Bayern 2025" auf, wie in Einzelprojekten auf die Richtlinie Bezug genommen wird und in welchen Bereichen bereits eine Umsetzung erfolgt ist [Baye16]. Gebündelt werden die Bestrebungen der einzelnen Bundesländer durch das ITS Network Germany [ITS18, S. 2].
Ein erster Erfolg ist die Einführung der ersten Phase des EU-weiten Echtzeit-Verkehrsinformationsdienstes (EU-Verordnung 2022/670) welche zum 01.01.2025 in Kraft getreten ist. Diese findet Anwendung für sämtliche Autobahnen und Fernstraßen der EU. Zum 01.01.2028 sollen die Bestimmung für weitere öffentlichen Straßen verpflichtend werden [EuKo22b].