Voll- und Grenzkostenpreise
Erstellt am: 06.12.2010 | Stand des Wissens: 24.02.2025
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Der Grenzkostenpreis entspricht den Kosten, die durch eine zusätzliche Einheit entstehen. Da die Nutzerkosten bereits durch die Nutzer getragen werden (individuelle Grenzkosten), ist eine Bepreisung zu Grenzkosten entweder als eine Bepreisung zu Grenzkosten der Infrastruktur oder auch als eine Bepreisung zu Grenzkosten der Infrastruktur zuzüglich externer Staugrenzkosten und Umweltgrenzkosten zu verstehen. Letzteres bezeichnet das "marginal social cost pricing". Die Bepreisung zu kurzfristigen sozialen Grenzkosten wird als wohlfahrtsmaximal angesehen [Aber09a, S. 332]. Aus diesem Grund wird im Weißbuch für faire und effiziente Preise für die Verkehrsinfrastruktur der Europäischen Union von 1998 [KOM98] vorgeschlagen, die sozialen Grenzkosten als Grundlage für die Preisbildung heranzuziehen.
Bei einer unzureichend dimensionierten und in Folge überlasteten Infrastruktur könnten vor allem die Erlöse aus den marginalen externen Staukosten eine Refinanzierung der Infrastruktur gewährleisten. Bei einer ausreichend dimensionierten Infrastruktur würden durch Grenzkostenpreise die Fixkosten der Infrastruktur jedoch nicht mehr gedeckt werden. Insbesondere auf Fernverkehrswegen und in dünn besiedelten Regionen führt eine Grenzkostenbepreisung nicht zur Deckung der gesamten Kosten. Die übrigen Kosten müssen durch Subventionierung gedeckt werden. Dies ist jedoch nicht kompatibel mit dem "user-pays Prinzip". Dies kann zu folgenden Verzerrungen in der langfristig optimalen Infrastrukturbereitstellung führen:
Bei einer unzureichend dimensionierten und in Folge überlasteten Infrastruktur könnten vor allem die Erlöse aus den marginalen externen Staukosten eine Refinanzierung der Infrastruktur gewährleisten. Bei einer ausreichend dimensionierten Infrastruktur würden durch Grenzkostenpreise die Fixkosten der Infrastruktur jedoch nicht mehr gedeckt werden. Insbesondere auf Fernverkehrswegen und in dünn besiedelten Regionen führt eine Grenzkostenbepreisung nicht zur Deckung der gesamten Kosten. Die übrigen Kosten müssen durch Subventionierung gedeckt werden. Dies ist jedoch nicht kompatibel mit dem "user-pays Prinzip". Dies kann zu folgenden Verzerrungen in der langfristig optimalen Infrastrukturbereitstellung führen:
- Es gibt keinen Anreiz, eine unterdimensionierte Infrastruktur auszubauen, denn dadurch würde sich ein Betreiber die Refinanzierungsgrundlage zerstören.
- Gut ausgebaute Infrastruktur, die Subventionen zur Vollkostendeckung erhält, entzieht anderen nutzerfinanzierten Infrastrukturen die Kundenbasis und es entstehen Fehlanreize in der gesamten Netzentwicklung.
Aus diesen Gründen wurde bereits im sogenannten Allais-Report für die Europäischen Kommission von 1966 [CoPa66] vorgeschlagen, Aufschläge auf die Grenzkosten zu erheben, um eine Gesamtkostendeckung zu ermöglichen. Die Höhe der Aufschläge wird durch andere, zum Beispiel nachfragebezogene, Kriterien, bestimmt.
Bei der Vollkostenbepreisung werden die Entgelte in einer Höhe erhoben, die ausreicht, um die dauerhafte Vorhaltung der Infrastruktur auf einem vorher definierten Niveau zu finanzieren. Die Anlastung der Vollkosten wird in einigen Regelwerken gesetzlich vorgeschrieben, so zum Beispiel bei der Festlegung von Lkw-Mauten durch das Europarecht [2011/76/EG]. Die Umlage gemeinsamer Kosten auf die einzelnen Nutzer verlangt Annahmen und Prinzipien, wie sie etwa aus der betrieblichen Kostenarten-, Kostenstellen und Kostenträgerrechnung bekannt sind. Auch Ansätze der kooperativen Spieltheorie wurden für diesen Zweck vorgeschlagen [Doll04].
Die Wegekostenrechnung in Deutschland versucht, die Infrastrukturkosten möglichst verursachungs- und veranlassungsgerecht auf die verschiedenen Nutzerkategorien (vom Motorrad bis zum schweren Lkw) umzulegen [BMDV21t]. Während bei einer verursachungsgerechten Zuordnung von Kosten die Kostenentstehung durch den nutzungsbedingten Verschleiß im Mittelpunkt steht, bedeutet eine veranlassungsgerechte Zuordnung die Berücksichtigung von Anforderungen bestimmter Nutzerkategorien bei der Dimensionierung von Straßen. So führt eine stärkere Straßenbefestigung zu höheren veranlassungsbedingten Kosten, während die verursachungsbedingten Kosten für Unterhaltung und Erhaltung dadurch geringer ausfallen. Fahrten mit verschiedenen Fahrzeugen belasten die Straße hinsichtlich verschiedener Kriterien in unterschiedlichem Maße. So führt ein höheres Fahrzeuggewicht zu einer überproportional höheren Belastung der Infrastruktur durch Übergänge schwerer Achsen. Nach dem Vierte-Potenz-Gesetz, steigt der Straßenverschleiß dabei mit der vierten Potenz der Achslasten. Für schwach oder stark dimensionierte Straßenbefestigungen liegt diese Potenz entsprechend höher oder niedriger. Damit sind schwere Lkw überproportional an den Kosten der Straßenerhaltung beteiligt, was sich in entsprechend höheren (verursachungsgerechten) Kostensätzen für Unterhaltung und Erhaltung niederschlägt. Zusätzlich lassen sich Kostenblöcke aus der Dimensionierung der Straßen ableiten, die für besondere Anforderungen bestimmter Fahrzeugkategorien (zum Beispiel Gewicht oder Geschwindigkeit) ausgelegt sind. Deren Berücksichtigung bewirkt eine blockweise veranlassungsgerechte Zuordnung gemeinsamer fixer Kosten aus der Straßendimensionierung.
Neben einer Anlastung der Infrastrukturkosten sehen die europäischen Richtlinien zur Ermittlung der Wegekosten für die Straße seit 2011 [2011/76/EG] ausdrücklich eine Differenzierung nach Umweltgesichtspunkten (Lärm, Abgase) vor. Die letzte Revision dieser Richtlinie [(EU) 2022/362] erlaubt zusätzlich die Einbeziehung von CO2-Kosten und Staukosten. Auf diese Weise kann eine Bepreisung, die das Ziel der Vollkostendeckung hat, zusätzliche Steuerungssignale zu Verhaltensanpassungen übermitteln.
Bei der Vollkostenbepreisung werden die Entgelte in einer Höhe erhoben, die ausreicht, um die dauerhafte Vorhaltung der Infrastruktur auf einem vorher definierten Niveau zu finanzieren. Die Anlastung der Vollkosten wird in einigen Regelwerken gesetzlich vorgeschrieben, so zum Beispiel bei der Festlegung von Lkw-Mauten durch das Europarecht [2011/76/EG]. Die Umlage gemeinsamer Kosten auf die einzelnen Nutzer verlangt Annahmen und Prinzipien, wie sie etwa aus der betrieblichen Kostenarten-, Kostenstellen und Kostenträgerrechnung bekannt sind. Auch Ansätze der kooperativen Spieltheorie wurden für diesen Zweck vorgeschlagen [Doll04].
Die Wegekostenrechnung in Deutschland versucht, die Infrastrukturkosten möglichst verursachungs- und veranlassungsgerecht auf die verschiedenen Nutzerkategorien (vom Motorrad bis zum schweren Lkw) umzulegen [BMDV21t]. Während bei einer verursachungsgerechten Zuordnung von Kosten die Kostenentstehung durch den nutzungsbedingten Verschleiß im Mittelpunkt steht, bedeutet eine veranlassungsgerechte Zuordnung die Berücksichtigung von Anforderungen bestimmter Nutzerkategorien bei der Dimensionierung von Straßen. So führt eine stärkere Straßenbefestigung zu höheren veranlassungsbedingten Kosten, während die verursachungsbedingten Kosten für Unterhaltung und Erhaltung dadurch geringer ausfallen. Fahrten mit verschiedenen Fahrzeugen belasten die Straße hinsichtlich verschiedener Kriterien in unterschiedlichem Maße. So führt ein höheres Fahrzeuggewicht zu einer überproportional höheren Belastung der Infrastruktur durch Übergänge schwerer Achsen. Nach dem Vierte-Potenz-Gesetz, steigt der Straßenverschleiß dabei mit der vierten Potenz der Achslasten. Für schwach oder stark dimensionierte Straßenbefestigungen liegt diese Potenz entsprechend höher oder niedriger. Damit sind schwere Lkw überproportional an den Kosten der Straßenerhaltung beteiligt, was sich in entsprechend höheren (verursachungsgerechten) Kostensätzen für Unterhaltung und Erhaltung niederschlägt. Zusätzlich lassen sich Kostenblöcke aus der Dimensionierung der Straßen ableiten, die für besondere Anforderungen bestimmter Fahrzeugkategorien (zum Beispiel Gewicht oder Geschwindigkeit) ausgelegt sind. Deren Berücksichtigung bewirkt eine blockweise veranlassungsgerechte Zuordnung gemeinsamer fixer Kosten aus der Straßendimensionierung.
Neben einer Anlastung der Infrastrukturkosten sehen die europäischen Richtlinien zur Ermittlung der Wegekosten für die Straße seit 2011 [2011/76/EG] ausdrücklich eine Differenzierung nach Umweltgesichtspunkten (Lärm, Abgase) vor. Die letzte Revision dieser Richtlinie [(EU) 2022/362] erlaubt zusätzlich die Einbeziehung von CO2-Kosten und Staukosten. Auf diese Weise kann eine Bepreisung, die das Ziel der Vollkostendeckung hat, zusätzliche Steuerungssignale zu Verhaltensanpassungen übermitteln.