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Verschiedene Datenquellen für die BVWP-Prognose und ihre Verwendung

Erstellt am: 01.12.2010 | Stand des Wissens: 17.09.2014

Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Infrastrukturwirtschaft und -management - Prof. Dr. Thorsten Beckers
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Für die Bereitstellung der Bundesprognose und der anschließenden Maßnahmenbewertung werden verschiedene Daten und Informationen herangezogen. Diese können in die Gruppen "Verhaltensdaten", "Verkehrsdaten", "Strukturdaten", "geographische Informationen" sowie "Netzdaten" klassifiziert werden. Im Folgenden sind beispielhaft wichtige Datenquellen aufgeführt.

Verhaltensdaten: Daten / Stichproben, die das Verhalten von Verkehrsteilnehmern beschreiben und zur Schätzung von Verkehrsverhaltensmodellen herangezogen werden können. Dazu zählen Daten wie
  • Mobilität in Deutschland (MiD) und System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) , jeweils Haushaltsstichproben zur Erfassung des Verhaltens im Personenverkehr (Querschnittsstichprobe); vorherige Stichprobe war die KONTIV
  • Kraftfahrzeugverkehr in Deutschland (KiD) zur Abbildung des städtischen Wirtschaftsverkehrs, der hauptsächlich durch kleine Lkw abgewickelt wird
  • Mobilitätspanel : Längsschnittuntersuchung zum Verkehrsverhalten, durchgeführt seit 1994 (Siehe [Stat635] sowie den Schlussbericht unter KIT11 und als Kurzfassung unter KIT11a bzw. KIT11b)
  • Haushaltsbefragungen zum Verkehrsverhalten in einzelnen Regionen
  • Verkehrsleistungsstatistik deutscher Lkw (KBA / BAG): Erfassung von Lkw-Fahrten und Fahrtenmustern (Touren); theoretisch liegen diese Daten auch für andere EU-Länder vor.
  • RES: Reisenden Erfassungssystem der Deutschen Bahn
Verkehrsdaten der Verkehrsstatistik: Daten, die Informationen zu Verkehrsströmen und Verkehrsaufkommen liefen, sind z.B.

Amtliche Statistik:
  • Güterverkehrsstatistik des Statistischen Bundesamtes für das Binnenschiff auf Basis von Frachtbriefen
  • Güterverkehrsstatistik des Statistischen Bundesamtes für die Bahnen: Meldungen der Deutschen Bahn AG sowie der Privatbahnen über Gütertransporte
  • EUROSTAT: diverse Daten z.B. Verkehrsverflechtungen zwischen EU-Ländern
Nicht amtliche Statistik von Unternehmen:
  • Hafenstatistiken, hauptsächlich die seeseitige Erfassung von Güter- und Schiffsbewegungen
  • Statistiken der Flughäfen über das Passagier- und Cargo-Aufkommen
  • Deutsche Bahn AG: Verkaufsstatistik
  • Diverse Erhebungen bei Trägern des öffentlichen Personenverkehrs
  • Daten zum Kombinierten Verkehr von den Unternehmen des Kombinierten Verkehrs in Europa
    Die Verfügbarkeit der nicht-amtlichen Daten ist im Einzelfall zu prüfen.
Strukturdaten: Diese weisen für räumliche Einheiten (Länder, Bundesländer, Kreise, Gemeinden, usw.) sozio-ökonomische Daten aus, z.B.
  • Bevölkerung und Bevölkerungsvorausschätzung nach Altersklassen und Geschlecht
  • Schüler, Auszubildende, Studenten
  • Pendlerdaten
  • Beschäftigte nach Branchen
  • Regionale Wirtschaftstätigkeit, gemessen als Bruttowertschöpfung unterteilt nach Branchen
  • Import / Export nach Gutarten
  • Import / Export nach Gutarten, Bruttowertschöpfung nach Sektoren der übrigen Europäischen Länder
  • Außenhandelsdaten
Spezifische geographische Informationen (z.B. Flächennutzung) und Informationen zu singulären Verkehrserzeugern (Flughäfen, große Gewerbegebiete, Seehäfen); Google Earth bildet hierfür inzwischen eine wichtige Datenquelle.

Daten und Informationen über Verkehrsnetze, z.B.
  • Netzmodelle für Verkehrsträger mit Netzeigenschaften (Streckenlänge, zulässige Geschwindigkeit, Straßentyp, Elektrifizierung Schienenstrecke usw.)
  • Zählwerte zu Verkehrsbelastungen (Dauerzählstellen und SVZ im Straßenetz, Zählungen von Zugzahlen an Schienenstrecken)
  • Daten über Schiffsbewegungen auf Binnenwasserstraßen und in Schleusenbereichen
Spezifische Daten für Bewertungsrechungen, auf die hier nicht eingegangen werden soll.
Die verschiedenen Klassen von Daten haben im Rahmen der Verkehrsprognose und Bewertungsrechung unterschiedliche Bedeutungen:
  • Die Verhaltensdaten dienen in erster Linie dazu, die Reaktionsparameter in Verkehrsverhaltensmodellen (z.B. Logit-Modellen zur Verkehrsmittelwahl) zu schätzen. Die Verkehrsverhaltensmodelle dienen dann dazu, das Verkehrsverhalten unter geänderten Rahmenbedingungen zu simulieren / zu prognostizieren.
  • Die Verkehrsdaten liefern Querschnittsdaten und Zeitreihen zum Verkehrsaufkommen und zu Verkehrsströmen. Diese Daten sind die eigentlichen Zielwerte der Verkehrsprognosen. Sie sollen durch die Verkehrsmodelle für zukünftige Zeitpunkte oder Szenarien prognostiziert werden. Die Ist-Daten, also die Beobachtungen und aufbereiteten Statistiken, dienen in der Regel zur Schätzung und Anpassung der Modelle.
  • Die Strukturdaten beschreiben die Rahmenbedingungen der Verkehrsprognose und Bewertung und sind damit nicht endogen durch das Instrumentarium der Verkehrsprognose zu ermitteln. Die Strukturdaten sind somit in der Regel exogene Größen, für die Strukturdatenprognosen vorliegen müssen, um die Verkehrsprognosen durchführen zu können.
  • Die Netzdaten dienen zur Modellierung der Verkehrsangebote. Für die Zukunft geplante Neu-, Aus- oder Rückbauten können durch entsprechende Kodierung in den Netzmodellen berücksichtigt werden. Diese Angebotsänderungen wiederum gehen in die Verkehrsverhaltensmodelle ein und verändern (potentiell) die Verkehrsnachfrage.
  • Die spezifischen Daten und Informationen zu singulären Verkehrserzeugern sind ebenfalls Daten, die nicht endogen durch die Verkehrsmodelle prognostiziert, sondern durch eigene Prognosen oder Szenarienvorgaben gesetzt werden.
    Somit ist bei der Durchführung der Bundesverkehrswegeplanung darauf zu achten, dass die Bereitstellung der Strukturdatenprognosen sowie die Vorgaben für die singulären Verkehrserzeuger rechtzeitig erfolgen. Die sonstigen genannten Inputdaten sind vorhanden und können unmittelbar aufbereitet und eingesetzt werden. Falls aktuell neue Daten aufbereitet werden - z.B. MiD, KiD, können diese in einer nächsten Aktualisierungsschleife eingebunden werden. Es gibt aber keinen Grund, mit der Erstellung des BVWP erst bis zur Bereitstellung von neuesten Daten abzuwarten.
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Infrastrukturwirtschaft und -management - Prof. Dr. Thorsten Beckers
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Literatur
[KIT11] Institut für Verkehrswesen, Karlsruhe Institute for Technology (KIT), Zumkeller, Prof. Dr.-Ing. Dirk, Chlond, Dr.-Ing. Bastian, Kagerbauer, Dr.-Ing. Martin, Kuhnimhof, Dr.-Ing. Tobias, Wirtz, Dipl.-Ing. Matthias Deutsches Mobilitätspanel (MOP) - wissenschaftliche Begleitung und erste Auswertungen, 2011/01/18
[KIT11a] Institut für Verkehrswesen, Karlsruhe Institute for Technology (KIT), Zumkeller, Prof. Dr.-Ing. Dirk, Chlong, Dr.-Ing. Bastian, Wirtz, Dipl.-Ing. Matthias Kurzbericht zum FE Projekt: Deutsches Mobilitätspanel (MOP) - Wissenschaftliche Begleitung und erste Auswertungen, 2011
[KIT11b] Institut für Verkehrswesen, Karlsruhe Institute for Technology (KIT) Kurzfassung des Kurzberichtes zum FE Projekt Deutsches Mobilitätspanel (MOP), 2011
Weiterführende Literatur
[BMDV22ae] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Deutsches Mobilitätspanel (MOP) Längsschnittstudie zum Mobilitätsverhalten der Bevölkerung, 2022
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Bundesverkehrswegeplan
Als Instrument einer mittel- bis langfristigen Investitionsrahmenplanung für den Erhalt und Ersatz bundeseigener Verkehrsinfrastruktur erfasst der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) das zwecks zielgerichteter Ausgestaltung sowie Erweiterung von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Schienenwegen des Bundes erforderliche Finanzierungsvolumen. Auf Basis verkehrsträgerübergreifender Prognosen findet in diesem Zusammenhang eine Priorisierung vorgesehener Neu- und Ausbauprojekte gemäß ihrer gesamtwirtschaftlichen Bewertung sowie ökologischer und raumordnerischer Einschätzungen statt. Grundsätzlich wird infolgedessen zwischen "vordinglichem Bedarf" (VB) und "weiterem Bedarf" (WB) unterschieden.

Der BVWP tritt auf Beschluss des Bundeskabinetts in Kraft und umfasst jeweils einen Zeithorizont von circa zehn bis 15 Jahren. Seit 1973 sind bereits sechs konsekutive Verkehrswegepläne verabschiedet worden. Der letzten, dem Jahr 2016 entstammenden Fortschreibung liegt ein Planungszeitraum bis 2030 und ein Investitionsvolumen in Höhe von 269,6 Milliarden Euro zugrunde, siehe auch gesonderte Wissenslandkarte "Bundesverkehrswegeplanung" hier im Forschungsinformationssystem.
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.
Szenarien Ein Szenario ist ein Bild der Zukunft, das sich aus einer bestimmten Kombination von relevanten Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen entwickelt. Das grundsätzliche Anliegen von Szenarien besteht darin, verschiedene Handlungsoptionen zu verdeutlichen und ihre Folgewirkungen transparent zu machen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?335025

Gedruckt am Samstag, 15. März 2025 17:12:02