Instrumente zur Regulierung atmosphärischer Schadstoffe
Erstellt am: 29.11.2010 | Stand des Wissens: 29.05.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Nach den vorliegenden Prognosen bis 2050 werden der Treibstoffverbrauch der internationalen Schifffahrt und damit auch der Kohlenstoffdioxid-Eintrag (CO2) in die Atmosphäre in den nächsten Jahrzehnten weiter anwachsen. Ein absoluter Abbau der Klimagasemissionen der Seeschifffahrt wäre nur durch radikale Veränderungen zu erreichen, wie:
- schnelle und deutliche Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Transportnachfrage,
- signifikant geringeres Wirtschaftswachstum,
- extreme Verknappung fossiler Energieträger,
- Einführung bisher unbekannter Treibstoff- oder Abgasreinigungstechnologien [IMO09, S.110f.].
- die Minderung des Verbrauchs an konventionellen Treibstoffen durch Optimierungen im Schiff- und Motorenbau,
- den Einsatz alternativer Treibstoffe (Brennstoffzellen, Erdgas) und Zusatzantriebe (beispielsweise Segel),
- die Optimierung des Schiffseinsatzes zur Minderung der spezifischen Emissionen je Einheit Transportleistung.
Die wichtigsten Maßnahmen zur Minderung der atmosphärischen Emissionen der Seeschifffahrt setzen beim Antrieb an. Daneben können Kühl- und Klimaanlagen sowie die Ladung Emissionsquellen sein. Das effektivste und einfachste Mittel zur Minderung von Schwefel-Emissionen (SOx) ist die Verwendung von Brennstoffen mit niedrigem Schwefelgehalt. Allerdings benötigen heute betriebene Einspritzpumpen ein gewisses Maß an Schwefel für eine störungsfreie Funktion. Innerhalb gewisser Grenzen lässt sich der Schwefelgehalt von Schweröl in der Raffinerie steuern, darüber hinaus müssen deutlich teurere Destillate eingesetzt oder beigemischt werden. Ab dem 01. Januar 2020 dürfen jedoch, durch einen Beschluss der International Maritime Organisation, nur noch Kraftstoffe mit einem maximalen Schwefelgehalt von 0,5 Prozent in der Schifffahrt eingesetzt werden, statt den bisher erlaubten 3,5 Prozent [IMO18c]. Völlig vermeiden lassen sich SOx-Emissionen mit alternativen Treibstoffen wie Erdgas, Biodiesel oder Brennstoffzellen. Der praktische Einsatz von Erdgas beginnt in bestimmten Bereichen, die Sinnfälligkeit von Biodiesel ist insgesamt zweifelhaft und Brennstoffzellen auf Schiffen befinden sich für den zivilen Einsatz noch im Forschungsstadium.
Die Alternative zur Brennstoffumstellung ist die Abgaswäsche (Scrubbing), ähnlich der Rauchgasentschwefelung in Kohlekraftwerken. Das Abgas wird mit Seewasser vermischt, in dem sich die Schwefeloxidanteile lösen, wobei man die natürliche Alkalinität des Seewassers nutzt. Auch Teile der festen Partikel und Ruß gehen in das Seewasser über. Das Wasser wird gereinigt, Rückstände werden gesammelt und an Land abgegeben. Die verbleibende Phase, bestehend aus Seewasser und schwefeliger Säure, wird mit Seewasser verdünnt in die Meeresumwelt abgegeben. Die SOx-Emissionen können so um 95 Prozent gemindert werden. SOx-Wäscher mit Frischwasser setzen Natronlauge zur Bindung der Schwefeloxide ein, was zusätzliche Tanks für Wasser und Lauge erfordert. Der Betrieb einer Abgaswaschanlage erhöht den Treibstoffverbrauch und kann die Effizienz des Motors mindern, sodass sich aus ganzheitlicher Sicht lediglich im freien Seeraum die Wäsche des Abgases mit Seewasser zur Reduktion von Schwefeloxiden eignet [GAUSS08, S.77]. Aktuell steigt die Nachfrage nach derartigen Anlagen stark, wodurch auch die Stimmen der Kritiker lauter werden. Die Dokumentation von Umgang, Sammlung und Entsorgung der während des Reinigungsprozesses entstehenden Schlämme ist bisher nicht vollständig und einheitlich geregelt, wodurch illegale Entsorgungen begünstigt werden könnten [Veus20].
Der Vorteil des langsam laufenden Dieselmotors besteht in seinem hohen Wirkungsgrad. Damit sind auch die Kohlendioxid-Emissionen (CO2) geringer. Demgegenüber ist der Anteil der Stickoxide relativ hoch. Um den geltenden Stickoxidgrenzwert nach IMO Marpol Annex VI für Motoren mit einer Drehzahl unter 130 Umdrehungen pro Minute von 17,0 Gramm pro Kilowattstunde einzuhalten, wird ein höheres Verdichtungsverhältnis und eine optimierte Kraftstoffeinspritzung angewendet. Das Potenzial ist jedoch weitgehend ausgeschöpft. Zur NOx-Reduktion stehen folgende zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung:
Der Vorteil des langsam laufenden Dieselmotors besteht in seinem hohen Wirkungsgrad. Damit sind auch die Kohlendioxid-Emissionen (CO2) geringer. Demgegenüber ist der Anteil der Stickoxide relativ hoch. Um den geltenden Stickoxidgrenzwert nach IMO Marpol Annex VI für Motoren mit einer Drehzahl unter 130 Umdrehungen pro Minute von 17,0 Gramm pro Kilowattstunde einzuhalten, wird ein höheres Verdichtungsverhältnis und eine optimierte Kraftstoffeinspritzung angewendet. Das Potenzial ist jedoch weitgehend ausgeschöpft. Zur NOx-Reduktion stehen folgende zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung:
- Common Rail Einspritzung (CR Injektion),
- NOx-Reduktion zwischen 20 Prozent und 50 Prozent durch motorinterne Maßnahmen unter Verwendung von Wasser,
- Kombination von Wassereinspritzung mit interner Abgasrückführung (NOx-Reduktion bis zu 70 Prozent),
- Abgasbehandlung mittels selektiver katalytischer Reduktion (SCR) mit Ammoniak oder Harnstoff (bis zu 95 Prozent Umsetzung der Stickoxide) [HBDi07, S.672].
Motorinterne NOx-Optimierungsmaßnahmen sind meist mit einem höheren Treibstoffverbrauch verbunden, während die Treibstoff sparenden Katalysatoren Bau- und Betriebskosten der Schiffe in die Höhe treiben. Nachrüstungen bestehender Einheiten sind meist wegen des erforderlichen Raumes nicht möglich. Der gleichzeitige Betrieb von Abgaswäsche und SCR ist wegen der verschiedenen Betriebstemperaturen nicht möglich. Für die Durchsetzung von Maßnahmen zur Schadstoffminderung gibt es prinzipiell drei Wege:
- Regulierung über die definierte, kontrollierte und sanktionierte Obergrenze beziehungsweise Verbote für Schadstoffemissionen,
- Marktmechanismen und wirtschaftliche Anreize,
- freiwillige Maßnahmen der Wirtschaft im Sinne von Corporate Social Responsibility.
Wirksam erwies sich bisher die direkte Regulierung. Marktmechanismen werden vor allem für die Reduzierung der CO2-Emissionen als Instrument gesehen. Ein Beispiel für freiwillige Maßnahmen bietet das schwedische "Clean Shipping Project", das Reedern die Möglichkeit eröffnet, die Umweltleistung ihrer Schiffe relativ einfach zu bewerten und in einer Benchmark zu vergleichen.