Selektive Fahrverbote als Maßnahme des Verkehrsmanagements
Erstellt am: 22.10.2004 | Stand des Wissens: 24.10.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Fahrverbote sind in den meisten Fällen gegen den motorisierten Individualverkehr (MIV) oder den Güterverkehr ausgesprochen, es gibt aber auch Räume in denen auch andere Verkehrsträger nicht erlaubt sind zum Beispiel Fußgängerzonen.
Bei selektiven Fahrverboten für den MIV oder den Güterverkehr handelt es sich eindeutig um Push-Maßnahmen, da sie die Nutzung des verbotenen Verkehrsträgers einschränken. Fahrverbote für (Innen)-Stadträume können entweder dauerhaft gelten, oder aber zeitlich beschränkt sein. Beispiele für Fahrverbote sind:
Bei selektiven Fahrverboten für den MIV oder den Güterverkehr handelt es sich eindeutig um Push-Maßnahmen, da sie die Nutzung des verbotenen Verkehrsträgers einschränken. Fahrverbote für (Innen)-Stadträume können entweder dauerhaft gelten, oder aber zeitlich beschränkt sein. Beispiele für Fahrverbote sind:
- alternierende Sperrung des Innenstadtbereichs,
- Fahrverbote für den lokalen Individualverkehr und
- Wochenend- und Nachtfahrverbote.
Durch selektive Fahrverbote können Straßen zu festgelegten Zeiten für bestimmte Verkehrsarten gesperrt werden. Sie wirken somit räumlich, zeitlich oder modal verlagernd, teilweise auch verkehrsvermeidend. Ziel kann sowohl die Verbesserung des Verkehrsflusses als auch die Vermeidung kritischer Umweltbelastungen sein, wie etwa bei Fahrverboten für Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß.
Aufgrund von Belastungen durch Feinstaubpartikel wurde der Gesetzgeber durch europäisches Recht verpflichtet, bei Überschreitung der Grenzwerte die notwendigen Mittel einzuleiten, um Belastungen für die Bürger zu minimieren. Auf der Grundlage der Richtlinie2008/50/EG der Europäischen Union über Luftqualität und saubere Luft für Europa hat der deutsche Gesetzgeber mit der Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes [BImSchG] und der 39. Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (39. BImSchV) auch Grenzwerte für die Belastung mit Feinstaub [39. BImSchVa Paragraf 4] festgelegt. Danach darf unter anderem die Feinstaubkonzentration an höchstens 35 Tagen im Jahr den Wert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter im Tagesmittel überschreiten. Eine Möglichkeit auf die Überschreitung der Grenzwerte zu reagieren, sind Fahrverbote für bestimmte Bereiche. In verschiedenen deutschen und europäischen Städten (wie in London oder München) wurden seit Anfang des Jahres 2008 sogenannte "Umweltzonen" (englisch: "low emission zones", LEZ) eingerichtet. In diesen kommt es zu Nutzungsbeschränkungen für ausgewählte Fahrzeuggruppen, abhängig von den ausgestoßenen fahrzeugtypabhängigen Emissionen, welche durch verschieden farbige Plaketten am Fahrzeug sichtbar gemacht werden müssen. Eine solche selektive Sperrung, aber auch allein deren Androhung, beeinflusst das Kaufverhalten von Nutzenden des MIV, fördert eine schnellere Flottenverjüngung und bewirkt so neben Verbesserungen der lokalen Luftqualität eine Verringerung der gesamten durch den Verkehr verursachten Schadstoffemissionen. Aufgrund des geringeren spezifischen Kraftstoffverbrauchs neuerer Kraftfahrzeuge können insbesondere Kohlendioxid-Emissionen verringert werden. In Berlin konnte durch die Umweltzone der Ausstoß gesundheitsgefährdender Schadstoffe reduziert werden, indem pro Jahr etwa 60 Prozent beziehungsweise 173 Tonnen weniger Dieselruß und etwa 20 Prozent beziehungsweise 1517 Tonnen weniger Stickoxide emittiert wurden [UBA19n].
Innerhalb Deutschlands wurden im gesamten Bundesgebiet 58 Umweltzonen (Stand Dezember 2019) eingerichtet. 21 davon sind bereits aufgehoben, das heißt es bestehen z.Z. noch 37, die meisten davon in Nordrhein-Westfalen [UBA19n]. Zusätzlich existieren für weitere Städte Regulierungen, wie beispielsweise ein Durchfahrtsverbot von Fahrzeugen über 12 Tonnen in Hannover oder Fahrverbote für LKW für das gesamte Stadtgebiet von Darmstadt.
Bislang existieren keine Untersuchungsergebnisse zur Wirkung der Maßnahme auf die Gesamtfahrleistungen eines Landes sowie auf die Flottenumschichtung im Straßenverkehr. Somit ist eine konkrete Abschätzung der Höhe der erreichbaren Schadstoffminderung nicht möglich [EMISS07].
Temporäre Fahrverbote können außerdem zur Erhöhung der Sicherheit im Verkehr eingesetzt werden. Besonders vor Schulen gilt es die jungen Verkehrsteilnehmer zu schützen. Schulstraßen, die im Zeitraum um den Schulbeginn und um Schulende für den MIV gesperrt sind, wurden bereits zwar vereinzelt eingesetzt, befanden sich aber stets in einer rechtlichen Grauzone. Im Bundesland NRW hat sich das nun geändert. Auf der Verkehrsingenieur-Besprechung des Landes NRW im Dezember 2023 wurde ein rechtssicherer Leitfaden für die Einrichtung von Schulstraßen verfasst [VIB23; StVO].
Neben Umweltzonen und verkehrsberuhigenden Maßnahmen im (Innen-)Stadtverkehr, die den MIV beschränken, gilt deutschlandweit ein LKW-Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen. Nach Paragraf 30 StVO dürfen an Sonn- und Feiertagen zwischen 0 und 22 Uhr Lastwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen sowie Anhänger hinter den Lastkraftwagen nicht zur geschäftsmäßigen oder entgeltlichen Beförderung von Gütern einschließlich damit verbundener Leerfahrten verkehren [StVO]. Dieses Fahrverbot verlagert den Güterverkehr zeitlich und kann dadurch den Gesamtverkehr verträglicher gestalten.